Der CEO der Post, die Verwaltungsratspräsidentin von Sulzer, der Roche-CEO sowie der ABB-Chef haben alle ein naturwissenschaftliches Studium durchlaufen. Herr Cirillo studierte an der ETH Maschinenbau, Frau Thoma hat einen Doktortitel in Chemieingenieurwissenschaft, Herr Schinecker ist Molekularbiologe und Herr Rosengren erwarb einen Master an der Technischen Hochschule Chalmers Göteborg. «Na und?», werden Sie vielleicht einwenden.
Für mich sind diese vier Fälle symptomatisch: Sie sind kennzeichnend für eine langfristige Entwicklung. Die Zeit, da man glaubte, eine Managerin oder ein Manager mit betriebswirtschaftlichem Verständnis könne jedes Unternehmen führen, ist vorbei. Denn die Themen in der Wirtschaftswelt sind vielschichtiger geworden, die Herausforderungen haben an Komplexität gewonnen.
Laut dem schillingreport haben von gut 100 CEOs mit Hochschulabschluss 57 Prozent einen Generalisten-Background in Wirtschaft oder Jura. Über 40 Prozent können einen technisch-naturwissenschaftlichen Abschluss vorweisen, Tendenz steigend. Ich begrüsse diese Entwicklung sehr: Führungskräfte mit einer Ausbildung im Bereich Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften oder Technik (MINT) zeichnen sich nämlich in der Regel durch hohes Fachwissen, Branchenerfahrung und Expertenwissen aus. Sie haben bereits während ihrer Ausbildung gelernt, alternative Lösungswege zu finden und Neues zu entwickeln: Sie verfügen über vernetzte Problemlösungskompetenzen. Als Manager sind sie dadurch besser gerüstet für komplexe Fragestellungen und können gut einschätzen, welche grundlegende Transformation des Unternehmens nötig ist.
Doch Verwaltungsräte und Nominierungskomitees haben oft Mühe, sich von alten Mustern zu lösen. Nach wie vor dominiert die Vorstellung, dass es vor allem BWL-Kompetenzen braucht, um in der Unternehmensführung erfolgreich zu sein. Da bin ich anderer Meinung: Führungskräfte mit MINT-Hintergrund bringen in der Regel eine in Bezug auf das Ergebnis offenere Perspektive ein, weil sie sich dies bereits im Studium antrainiert haben. Sie sind getrieben von Neugierde und zeichnen sich durch Forschungs- und Innovationsgeist aus. Diese Eigenschaften sowie starke soziale Kompetenzen sind nötig, um Firmen langfristig erfolgreich zu machen.