Nach welchem Anforderungsprofil sucht man einen Bundesrat?

Mit den angekündigten Rücktritten von Ueli Maurer und Simonetta Sommaruga sind in der Landesregierung gleich zwei Stellen zu besetzen. Inwiefern unterscheidet sich hierbei das Anforderungsprofil für einen Bundesrat von demjenigen für eine Top-Führungskraft in der Privatwirtschaft?

Mitglieder des Bundesrates sind keine CEOs im eigentlichen Sinne: Sie sind Teil eines Kollegiums und werden anders als Unternehmenschefs demokratisch vom Parlament gewählt. Gleichwohl führt er oder sie ein Departement. Ähnlich wie ein Konzernleitungsmitglied ist ein Bundesrat zudem als Regierungsmitglied und Departementschef angehalten, die Lage laufend zu beurteilen, Entscheidungen zu treffen, dafür zu sorgen, dass diese umgesetzt werden, und Bund sowie Departement nach innen und aussen zu vertreten.

Gerade weil ein Bundesrat oder eine Bundesrätin nicht allein schalten und walten kann, sind soziale Kompetenzen für den Job umso wichtiger. Während in der Wirtschaft der Ruf nach dem «starken, einsamen Wolf» längst verklungen ist, ist im Bundesrat nicht selten die Tendenz von Profilierung und Alleingängen sichtbar.

In der Unternehmenswelt hat ein Paradigmen-Wechsel stattgefunden. Man hat eingesehen, dass Entscheidungen dort getroffen werden sollten, wo auch das Wissen vorhanden ist. Team- und Schwarmintelligenz sollten genutzt werden, um vom reichhaltigen Knowhow der Gruppe zu profitieren. Das Team steht im Vordergrund, während der Chef zum Coach wird. Servant Leadership lautet das Führungsprinzip, das sich an den Bedürfnissen der Mitarbeitenden orientiert: Und was sich in der Wirtschaft durchzusetzen beginnt, gilt für einen Bundesrat umso mehr: Er muss seine Tätigkeit als Dienst am Volk verstehen. Als Regierungschef ist er oder sie allein dem Wohl der Bevölkerung verpflichtet.

Rasche Auffassungsgabe, analytisches und konzeptionelles Denkvermögen sowie die Fähigkeit, kreative und unkonventionelle Lösungen zu entwickeln, sind zwar entscheidend. Zudem sollte er oder sie als Regierungsmitglied, das die Schweiz und ihre Interessen gegen aussen vertritt, Auslanderfahrungen vorweisen können. Ebenso bedeutsam sind kommunikative Fähigkeiten, Empathie, Kritik- und Konfliktfähigkeit, aktives Zuhören, Respekt gegenüber Andersdenkenden sowie die Bereitschaft, Kompromisse zu schmieden. Es geht um die Fähigkeit, innerhalb einer Gruppe zu funktionieren und als Teammitglied das Umfeld aktiv mitzugestalten.

Wir dürfen gespannt sein, welche Profile der vereinigten Bundesversammlung am 7. Dezember zur Wahl vorgeschlagen werden.